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Die Gestapo

- Neues von einer zählebigen Legende

Buch und Regie Ute Bönnen und Gerald Endres
Kamera Martin Gressmann
Redaktion Wilhelm Reschl (SDR)
Produktion Zebra Film
Erstaustrahlung Südwest 3 1997
Länge 43 min

Inhalt:

Die Gestapo - eine allwissende und allmächtige Geheimpolizei mit einem allgegenwärtigen, perfekt organisierten Spitzelapparat? Die Nazis pflegten diese Legende als Mittel der Einschüchterung, und nach dem Krieg diente sie als Entschuldigung: Was konnte man denn schon machen? Die Gestapo war ja überall...
Die neuere Forschung beschreibt die Gestapo ganz anders, nämlich als einen Behörde mit zuwenig und unzureichend qualifiziertem Personiel, aber viel zuviel Bürokratie. Zahlen machen das deutlich: 1941 kam im Reichsgebiet ein Gestapobediensteter auf 10 000 Einwohner. (Zum Vergleich: In der DDR kam 1989 ein hauptamtlicher Stasimitarbeiter auf 200 Einwohner)

Der Film zeigt, wie der Terrorapparat der Nazis dennoch funktionierte. In der Geheimen Staatspolizei arbeiteten zum einen viele ausgebildete Kriminalbeamte, die übernommen worden waren und nun den neuen Herren dienten, zum anderen wurde den nur unzulänglich ausgebildeten Parteigenossen, SS-Leuten etc. die Arbeit leicht gemacht: Geständnisse und Aussagen wurden durch Folter erzielt, Hinweise auf andere Nazigegner aus den Gefangenen herausgeprügelt. Die deutschen Richter akzeptierten das so gewonnene "Material". Außerdem mußte die Gestapo ja gar nichts beweisen, sie konnte ja jedenn mutmaßlichen Gegner auch in Schutzhaft nehmen. Das bedeutete meistens die Verschleppung in ein KZ.

Die Gestapo stützte sich aber vor allem auf Hilfe aus der Bevölkerung. Je nach "Delikt" wurden 60 bis 90 Prozent der Fälle bei der Gestapo durch eine private Denunziation ausgelöst. Die Denunzianten waren in der Regel keine systematisch angeleiteten Spitzel. sondern kamen von sich aus zur Gestapo. Motive für die Denunziation gibt es viele: Politische Überzeugung, persönliche Feindschaft, direkte Vorteile, die jemand davon hatte, daß ein anderer verschwand, Angst oder Anbiederung. Doch diese Motive interessierten die Gestapo wenig, solange der Apparat lief.


Literatur:

Gellately, Robert: Die Gestapo und die deutsche Gesellschaft:
Die Durchsetzung der Rassenpolitik 1933- 1945; Verlag Ferdinand Schöningh; Paderborn 1993

Mann, Reinhard: Protest und Kontrolle im Dritten Reich;
Campus Verlag; Frankfurt/Main, New York 1987

Paul, Gerhard und Mallmann, Klaus-Michael: Die Gestapo: Mythos und Realität;
Primus Verlag; Darmstadt 1996

Sauerland, Karol: Dreißig Silberlinge. Denunziation - Gegenwart und Geschichte;
Verlag Volk und Welt; Berlin 2000


Manuskript des Films (←Klick)